NGOs & Organisationen
07.05.2017

Abdul und das Butterbrot

Was es mit Abdul, Fatima und Mohammed auf sich hat – ein Interview mit “Flüchtlinge Willkommen” über deren neue Kampagne

Ein ganz normaler Lokalbesuch an einem Abend. Der gewohnte Blick zum Freecard-Ständer. Huch? Da prangt eine hellblaue Karte mit weißer Schrift und einer Frage: “Warum kniet Hussein am Boden?” Was ist das, fragt sich NGOJobs. Eine Werbung? Wofür? Wogegen? Ein Blick auf die Rückseite der Karte verrät uns nicht nur, warum Hussein am Boden kniet, sondern auch, dass die Kampagne von der NGO “Flüchtlinge Willkommen” initiiert wurde. Wir haben nachgefragt, was es mit dieser erstaunlichen Kampagne auf sich hat.

NGOJobs: Wir sind beim ersten Mal in einem Lokal an der freecard “Warum kniet Hussein am Boden?” etwas befremdet vorbeigegangen, beim zweiten Besuch haben wir sie dann doch genauer angesehen und fanden die Auflösung der Frage (“Am Montag macht die WG immer Yoga”) genial. Wie ist die Idee zu dieser Werbekampagne entstanden?

Flüchtlinge Willkommen: Wir haben die Kampagne gemeinsam mit der Werbeagentur „Robin des Bois“ konzipiert – Ziel war es, eine aufmerksamkeitsstarke, aber doch positive und „leichte“ Kampagne zu gestalten und auch, mehr Anmeldungen auf unserer Wohnraumvermittlungs-Plattform zu erreichen. Beim Brainstormen sind wir auf gängige Vorurteile gestoßen, die unsere Zielgruppe – vorwiegend Studierenden-WGs – davon abhält, ihr freies Zimmer an geflüchtete Menschen zu vermieten. So sind wir zu den vermeintlich rassistischen Witzen/Sprüchen gekommen, um auf spielerische Art und Weise auf Vorurteile aufmerksam zu machen, die sich sofort in den Köpfen der Menschen bilden können, wenn sie einen arabischen Namen lesen.

NGOJobs: Wie habt ihr die Fragen für die freecards entwickelt?

Flüchtlinge Willkommen: Zuerst haben wir gängige Vorurteile gesammelt, die derzeit über Geflüchtete bzw. Menschen aus dem arabischsprachigen Raum herrschen, und uns dann Szenarien überlegt, wie diese aufgelöst werden können. Bei der Auswahl der Sprüche haben wir sehr viel Wert darauf gelegt, von möglichst unterschiedlichen Menschen Feedback zu erhalten – darunter auch von geflüchteten Menschen, denen wir schon ein Zimmer vermittelt haben.

NGOJobs: Und: Wie viele müssen wir noch sammeln, um alle Postkarten zu haben? (3 Karten haben wir bisher auftreiben können…)

Flüchtlinge Willkommen: Wir haben insgesamt 4 verschiedene Postkarten entworfen, deren Druckkosten dankenswerterweise von der Druckerei Jentzsch übernommen und deren Distributionskosten von Boomerang erlassen wurden. Wir haben aber noch viel mehr Sprüche, die wir auf unserer Facebook-Seite teilen – darunter auch welche, die sich auf tagesaktuelle Dinge beziehen (aktuell: Wieso liegt Omar faul auf der Couch? Er erholt sich vom Vienna City Marathon).

NGOJobs: Plant ihr, diese Kampagne weiterzuführen?

Flüchtlinge Willkommen: Im Moment gibt’s die weiteren Sprüche nur online, aber falls der Andrang groß genug ist würden wir auch weitere Postkarten drucken.

NGOJobs: Auf der Kartenrückseite steht: “Flüchtlinge Willkommen sucht WG-Zimmer frei von Vorurteilen” – wie viele solcher Zimmer konntet ihr in Österreich bis jetzt vermitteln?

Flüchtlinge Willkommen: Seit Projektstart im Jänner 2015 haben wir bereits 376 geflüchteten Menschen ein Zimmer in Privatunterkünften gefunden.

NGOJobs: Wenn unsere User_innen bei eurem Verein mitwirken wollen, wie können sie das tun?

Flüchtlinge Willkommen: Wir sind immer auf der Suche nach ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, die bei der Vermittlung von Wohnraum helfen wollen, bzw. bei unseren Wohnraum-Workshops gemeinsam mit geflüchteten Wohnungssuchenden Zimmerinserate auf gängigen Wohnraumvermittlungsplattformen anschreiben. Bei Interesse bitte ein kurzes E-Mail an: mitarbeit@fluechtlinge-willkommen.at

NGOJobs: Und weil nun unsere Blogleser_innen sicher neugierig geworden sind – wie kommt man am besten an eure genialen Karten? Durch alle Lokale mit freecard-Ständern pilgern, oder gibt es eine Bestell- oder Abholmöglichkeit?

Flüchtlinge Willkommen: Leider haben wir hier keine mehr lagernd, also beim nächsten Café- oder Lokalbesuch einfach Ausschau nach hellblauen Karten halten!

NGOJobs: Vielen Dank für das nette Gespräch und alles Gute für eure weiteren Projekte!