“Ein Jusstudium als Alleinstellungsmerkmal”

Ein Studium der Rechtswissenschaften und die Non-Profit-Szene passen nicht zusammen? Von wegen!

Letzten Dienstag konnten sich im Wiener Juridicum viele interessierte ZuhörerInnen davon überzeugen, dass es auch für JuristInnen durchaus spannende Karrieremöglichkeiten in NGOs gibt.

Im Vortrag “Rechtsberufe abseits der klassischen Pfade” informierte NGOJobs-Gründer Ferdinand Lischka nicht nur über seinen eigenen “Zick-Zack”-Werdegang, sondern auch, wie er als Jurist die Arbeitsatmosphäre in gemeinnützigen Organisationen erlebt hat. Die Fragen der Studierenden im Anschluss zeigen von großem Interesse.

Bei der Podiumsdiskussion im Anschluss ging es dann noch detaillierter in die Thematik. Die gemeinnützigen Organisationen VertretungsNetz, Volontariat bewegt, NGOJobs.eu und Amnesty International Österreich waren am Podium vertreten und deren MitarbeiterInnen – allesamt AbsolventInnen des Jus-Studiums am Juridicum – diskutierten gemeinsam mit Alexander Nagel von Uniport über die Arbeit als JuristIn in Non-Profits.

Podiumsgäste

Arbeitsbedingungen für JuristInnen in Non-Profits

Die Arbeitsbedingungen für JuristInnen, die in einer klassischen Kanzlei arbeiten und jenen, die in Vereinen und sozialen Organisationen tätig sind, unterscheiden sich in manchen Punkten.

Das Einstiegsgehalt sei grundsätzlich in einer NGO vergleichbar wie in einer Kanzlei, sind sich unisono Ferdinand Lischka und Lukas Gahleitner einig. Dennoch: “Die Luft nach oben hin wird dünner und Gehaltssprünge weniger hoch.”

Arbeitszeiten. Auf die Frage, ob das Licht im Büro wirklich nicht vor 20 Uhr ausgehen würde, beruhigt Johannes Ruppacher das Publikum: “Grundsätzlich arbeite ich circa 30 Stunden pro Woche, wobei wir an zahlreichen Wochenenden pro Jahr Seminare für unsere VolontärInnen anbieten. In diesen Wochen komme ich schon mal auf 50-60 Arbeitsstunden.” Natürlich gäbe es auch Zeiten, in denen viel mehr Leistung erbracht werden müsse: “Wenns sein muss, gibts auch mal kein Wochenende und keine Feiertage, aber nicht, weil die Organisation das von uns verlangt, sondern weil wir etwas weiterbringen wollen.”

Berufseinstieg in sozialen Organisationen

Welche Tipps haben die ExpertInnen für Studierende der Rechtswissenschaften, die eine berufliche Karriere im Non-Profit-Sektor anstreben?

Laut Ferdinand Lischka sollte man sich über die Arbeitsbedingungen und Unterschiede zu einer “klassischen juristischen Laufbahn” im Klaren sein: “Man muss sich selbst fragen, was einem wichtig ist. Eine persönliche Pro- und Kontra-Liste kann helfen, Prioritäten zu setzen und den Überblick zu bewahren.”

Monika Rott vom VertretungsNetz betont einen wichtigen Punkt: “Soziales Engagement – egal in welchem Bereich – ist für uns sehr wichtig.” Jobsuchende sollten schlüssig argumentieren können, warum sie in einer sozialen Organisation tätig werden möchten. Ehrenamt oder Praktika – sei es im juristischen oder nicht-juristischen Bereich – sind hier eine gute Einstiegsmöglichkeit. Viele Organisationen, so auch Amnesty International, bieten Studierenden ehrenamtlich organisierte thematische Gruppen an. Diese sind eine gute Möglichkeit, erste Kontakte zu knüpfen und sich Wissen anzueignen.

Rechtswissenschaft als solide Grundausbildung

Johannes Ruppacher ist der einzige Jurist in seiner Organisation, seine akademische Ausbildung habe ihm auch zur Stelle als Geschäftsführer geholfen. “Das war ein Alleinstellungsmerkmal”, resümiert er. Mehrere der Podiumsgäste betonen, dass man als JuristIn eine gute Grundausbildung habe und über wichtige Kenntnisse verfüge, z.B. um Stellungnahmen, Verträge und Gesetzesänderungen besser verstehen und darauf reagieren zu können. “Es gibt zahlreiche offene Fragen zu neuen Gesetzen und -entwürfen. Das sind dann Gustostückerl, in die man sich als JuristIn richtig hineintigern kann.” (Ruppacher)

Weiterführende Links

Derzeit offene Stellen für JuristInnen in NGOs

NGOs aus dem Aktionsbereich “Rechtsberatung”